Interview mit Gina Kleiß, 39 Jahre alt und Michelle Kleiß, 19 Jahre alt. Mutter und Tochter haben im letzten Jahr beide die dreijährige Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin begonnen.
Interviewerin: Angela Forray
„Gina, wie kam es dazu, dass Sie mit 39 Jahren noch mit der Ausbildung begonnen haben?“
Gina: „Ich arbeite ja schon seit 16 Jahren bei der AWO Norderstedt im ambulanten Pflegedienst und wollte auch nie etwas anderes machen. Meine Kinder sind ja aus dem Gröbsten raus und haben mich bearbeitet „Nun mach doch mal!“. Auch meine Kolleg*innen haben mich immer wieder ermuntert die Ausbildung zu beginnen. Ich habe aber wahnsinnige Prüfungsangst und hab daher immer wieder gezögert, aber zum 20.06.17 hab ich mich dann endlich getraut.“
„Und wie war es bei Ihnen Michelle?“
Michelle: „Ich wollte eigentlich Erzieherin werden, dafür braucht man den Mittleren Bildungsabschluss. Also bin ich 3 Jahre weiter auf eine soziale Berufsfachschule gegangen und hatte hier auch Praktika in Pflegebetrieben. Zuerst war ich nicht so angetan, aber nach dem ersten zwei monatigen Einsatz in einem Pflegeheim, ist der Funke übergesprungen und ich war begeistert von dem Pflegeberuf. Ich habe dann am 01.10.2017 im Servicehaus Norderstedt mit der Ausbildung begonnen.
„Gina, wie war es denn wieder zur Schule zu gehen, hatten Sie da Befürchtungen?“
Gina: „Oh ja, wie gesagt, ich habe eine fürchterliche Prüfungsangst und die Vorstellung wieder in der Schule zu sitzen und Klausuren zu schreiben, da war mir schon mulmig. Da war erst mal eine Wand, aber das Gefühl hat sich schnell verändert. Wir sind viele ältere Teilnehmer in meiner Klasse und ich hab mich dann entspannt. Lernen und üben muss man natürlich, aber ich schreib gute Arbeiten und die Anforderungen sind zwar hoch, aber gut zu bewältigen.
Michelle: „Ich hatte auch ein bisschen Bammel, vor allem vor dem „Fachchinesisch“. Es begann aber ganz locker und wir wurden langsam an den Stoff herangeführt.
„Wie sind Sie beide denn im Betrieb aufgenommen worden als Azubis?“
Gina: „Bei mir hat sich nicht so viel verändert, ich bin ja schon lange da. Die Kolleg*innen haben sich alle gefreut und mich ermuntert.Was ich gut finde ist, dass ich jetzt vieles hinterfrage. Es gibt auch Praxisanleitung, da werden Lernaufgaben besprochen und Pflegehandlungen geübt.“
Michelle: „Ich hab schon vor meiner Ausbildung zwei Monate im Servicehaus gearbeitet, daher kannte ich den Betrieb und die Kolleg*innen schon. Ich bin eigentlich schüchtern und zurückhaltend, bin aber sehr nett und positiv aufgenommen worden und war schnell drin, wusste wie der Betrieb läuft.“
„Wie steht es denn mit dem Geld, sind Sie zufrieden mit der Ausbildungsvergütung?“
Gina: „Ich bekomme das gleiche Geld wie vorher, da ich eine Förderung über das Arbeitsamt bekomme, die übernehmen auch mein Fahrgeld zur Schule.
Michelle: „Voll ungerecht, ich muss das selber zahlen. Das Geld bei der AWO ist aber gut, ich bekomme im ersten Lehrjahr fast 1000,- €. Es gibt Mitschüler die verdienen viel weniger.
„Wie steht es den mit der Praxisanleitung, haben Sie immer einen Ansprechpartner*in?“
Gina + Michelle übereinstimmend: „Man muss die Anleitungen schon aktiv einfordern, oft ist die Zeit ein wenig knapp. Eine Praxisanleiterin für drei Auszubildende ist fast zu wenig, aber alle bemühen sich um uns.
„Wie haben denn Familie und Freunde auf Ihren Berufswunsch reagiert, sind sie da auch Vorurteilen begegnet?“
Gina: „Nein, nur Positives.“
Michelle: „Ich höre nur Respekt vor meiner Entscheidung. „Was Du tust könnte ich nicht! Oder: Wie schaffst Du das?“ Vorurteilen bin ich bisher nicht begegnet.“

Michelle und Gina Kleiß und die AWO Pflege.
„Ist also Altenpflege der Beruf für Sie?“
Gina: „ Auf jeden Fall, ich kann mir nichts anderes vorstellen! Man bekommt so viel von den Menschen zurück.“
Michelle: „Ja, allerdings würde ich mich gerne nach dem Examen weiterbilden, mich interessieren die Bereiche Wundversorgung und auch die Pflege von Menschen mit Demenz besonders.“
Gina: „Mir geht es ähnlich, ich finde es gut, dass man die Möglichkeit hat sich zu spezialisieren. Praxisanleiterin kann ich mir sehr gut vorstellen, mein Wissen weiter zu geben an junge oder ältere Azubis.“
„Vielen Dank!“