Geschichten zu erzählen gibt es im AWO Servicehaus am Wasserturm in Neumünster eigentlich jeden Tag: vom Kinotag am Montag, der Projektwoche oder dem Plattdeutschen Literaturtag mit der Freiherr-vom-Stein-Schule, dem Spanferkelessen am Holsteinischen Abend oder auch von einer Begegnung vor vier Jahren zwischen Mieter Helmut Dirschauer (79) und dem damaligen Minsterpräsidenten Peter Harry Carstensen. Als dieser damals zu einer Sitzung ins Haus kam und Dirschauer im Eingangsbereich traf, begrüßte er den damals 75-jährigen herzlich mit Handschlag und unterhielt sich eine ganze Weile mit ihm über dessen Leben: von der Flucht aus Westpreußen bis zu seinem Alltag im Servicehaus:
„Es hat mir gefallen, dass er so auf Menschen zugeht“, erinnert sich Helmut Dirschauer. „Man sieht ihm an, dass er was im Kopf hat!”
Beides stellte Peter Harry Carstensen jetzt, bei einem Besuch im Servicehaus vier Jahre später, noch einmal unter Beweis: Einer Einladung von SoVD und AWO folgend war er ins Café gekommen, um den Mietern und Bewohnern mit einer Lesestunde seine Zeit zu schenken. Damit ist Carstensen einer von über vierzig Ehrenamtlichen, darunter zahlreiche Vorlesepaten, die sich in den AWO Häusern in Neumünster für die Pflege engagieren. Mitgebracht hatte der Ministerpräsident a.D. dafür verschiedene Texte von Siegfried Lenz, Theodor Storm und Klaus Groth. „Diese Generation hat nach dem Zweiten Weltkrieg Schleswig-Holstein wieder aufgebaut“, sagte er über sein Publikum. Das Land habe diesen Menschen viel zu verdanken. Es sei für ihn selbstverständlich, die Senioren mit der Lesung zu erfreuen.
Selbstverständlich war es für ihn auch, Helmut Dirschauer mit Handschlag und einem herzlichen “Mensch Helmut, wie geht es dir?” zu begrüßen. Nach der Lesung blieb Peter Harry Carstensen noch rund eine Stunde im Café, wo Betreuungskraft Heidi Enders ihm Kaffee und zwei große Stücke seines Lieblingskuchens brachte. “Heidi, du bist die Beste!”, bedankte sich Peter Harry Carstensen für den Apfelkuchen. Als sich kurz darauf Helmut Dirschauer von ihm verabschieden wollte, sagte Carstensen: „Bleib ruhig noch ein bisschen da. Komm mit zu uns an den Tisch.“