AWO begrüßt Entscheidung zu praxisnäherer Pflegedokumentation
„Die viel zu umfangreiche und für den Alltag untaugliche Pflegedokumentation war in der täglichen Arbeit kaum noch zu ertragen. Deshalb ist es umso erfreulicher, dass es endlich zur Entbürokratisierung der Pflege kommt“, erklärt der Landesgeschäftsführer der AWO Schleswig-Holstein, Michael Selck, und begrüßt damit die Ankündigung von Pflegekassen und Pflegevertretern, die Pflegedokumentation künftig praxisnah zu gestalten. „Pflege braucht Zeit und Vertrauen und nicht immer mehr Papier!“
Von September 2013 bis Januar 2014 hatte das AWO Servicehaus Sandberg als eine von acht Pflegeeinrichtungen im Land Schleswig-Holstein am Bundesmodellprojekt „Praktische Anwendung des Strukturmodells – Effizienzsteigerung der Pflegedokumentation“ teilgenommen und dabei einen neuen Ansatz in der Pflege getestet: weg von unnötiger Schreibarbeit hin zum Menschen – und das mit Erfolg. Als Ergebnis haben sich jetzt die Vertreter von Pflegekassen und Pflegeanbietern auf Bundesebene auf eine neue praxisnahe Dokumentation (SIS – Strukturierte Informationssammlung) verständigt, die auch in Flensburg beibehalten wird.
Begrüßt wird diese Entscheidung auch von Uwe Braun, Leiter des Unternehmensbereich Pflege der AWO Schleswig-Holstein, der sich im Rahmen der Kampagne „Wer hat an der Uhr gedreht? Pflege braucht Zeit!“ ebenfalls dafür eingesetzt hat, die Anforderungen an die Pflegedokumentation zu überarbeiten. „Gute Pflege ist ein Aushandlungsprozess zwischen den Beteiligten“, so Uwe Braun: „Es gibt gute und schlechte Tage. Pflege kann nicht jeden Tag nur nach Plan durchgeführt werden – gerade die kleinen Veränderungen im Alltag machen das Leben lebenswert und die Lebensqualität des Menschen hängt nicht davon ab, ob jedes noch so kleine Detail täglich dokumentiert wird.“
Das neue Strukturmodell für die Pflegedokumentation soll sich deshalb auf das Wesentliche konzentrieren. „Natürlich muss in der Pflege ausreichend beschrieben werden, was getan wird, aber die aufwändigen Durchführungsnachweise mit Handzeichen der Pflegenden zu jedem einzelnen Handgriff in jeder Schicht waren nicht nur aufwändig, unsere Mitarbeiterinnen mussten immer mehr Stunden in Dokumentationsaufgaben stecken. Das hat Kraft, Zeit und Geld gekostet, die für die eigentliche Pflege fehlen“, erklärt Michael Selck.
Deshalb soll der Zeitaufwand für die Planung und Dokumentation der Pflege durch das neue Modell insgesamt auf ein notwendiges und praxistaugliches Maß begrenzt, um so mehr Zeit für die Pflege und Betreuung der Menschen zu gewinnen. Und davon profitieren auch die Mitarbeiterinnen: „Die meisten haben sich für diesen Job ja nicht entschieden, weil sie Schreibarbeit machen wollen, sondern weil sie sich um den Menschen kümmern möchten“, so Jörg Schöpel, der das Projekt als Leiter der Flensburger Servicehäuser begleitet hat. Und tatsächlich fühlen sich seine Kollegen in ihrer Fachlichkeit nicht nur wieder mehr ernst genommen und anerkannt, sondern haben auch festgestellt: „So macht der Pflegealltag mehr Spaß!“
Ziel ist es nun, die Erkenntnisse zu nutzen, um das neue Modell möglichst flächendeckend zu implementieren. „Damit die neue Pflegedokumentation ein Erfolg wird, sollte der Bundesgesundheitsminister den Prozess unbedingt weiterhin vorantreiben“, sind sich alle Beteiligten einig.