Pflegende Angehörige brauchen Unterstützung und gesellschaftliche Anerkennung für das, was sie tun – dafür und insbesondere für eine verbesserte Vereinbarkeit von Pflege und Beruf hat sich die AWO Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr im Rahmen der Zeit-Kampagne stark gemacht. Denn der zeitliche Aufwand für die Angehörigenpflege kommt dem eines Vollzeit-Arbeitsplatzes nahe oder übersteigt ihn sogar.
Doch mit zunehmender Pflegestufe steigt nicht nur das Gefühl der Belastung. Auch immer weniger Angehörige können es sich „leisten“, zugunsten der Pflege des Partners oder der Eltern auf eine Berufstätigkeit zu verzichten. Und nach wie vor sind es meistens die Frauen, die ihre berufliche Tätigkeit einschränken, auf geringwertige Teilzeit-Jobs ausweichen und eine Doppelbelastung auf sich nehmen, um Angehörige zu pflegen.
Mit dem „Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“ hat die Bundesregierung nun einen wichtigen Schritt getan, um pflegend Beschäftige zu unterstützen und insbesondere Frauen Wege aufzuzeigen, sich aus der Rolle der „Familienzuständigen“ zu befreien:
Pflegeunterstützungsgeld: Angehörige, die Zeit für die Organisation einer akut aufgetretenen Pflegesituation benötigen, können bis zu zehn Tag von der Arbeit fernbleiben. Dies ist seit dem 1. Januar 2015 mit einem Anspruch auf eine Lohnersatzleistung, das Pflegeunterstützungsgeld, verbunden.
Pflegezeitgesetz: Mit der Pflegezeit haben Beschäftigte einen Anspruch, sich für maximal sechs Monate von der Arbeit freistellen zu lassen oder in Teilzeit zu arbeiten, um einen pflegebedürftigen nahen Angehörige zu betreuen.
Familienpflegezeitgesetz: Es gilt zudem ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit. Damit können Beschäftigte ihre wöchentliche Arbeitszeit für maximal zwei Jahre auf bis zu 15 Stunden reduzieren, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen. Die Regelung gilt nicht gegenüber Arbeitgebern mit in der Regel 25 oder weniger Beschäftigten. Die Dauer der Reduzierung der Arbeitszeit beträgt auch bei Kombination der verschiedenen Freistellungsansprüche beider Gesetze (Pflegezeit-, Familienpflegezeitgesetz) max. 24 Monate.
Zinsloses Darlehen: Zur Absicherung des Lebensunterhalts während der Familienpflegezeit und der Pflegezeit wurde ein Anspruch der Beschäftigten auf Förderung durch ein zinsloses Darlehen eingeführt. Das Darlehen kann direkt beim Bundesamt für zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden. Es wird in monatlichen Raten ausgezahlt und deckt grundsätzlich die Hälfte des durch die Arbeitszeitreduzierung fehlenden Nettogehalts ab. Auf entsprechenden Antrag kann auch ein niedrigeres Darlehen – bis zu einer Mindesthöhe von 50 Euro monatlich – genommen werden. Werden Freistellungen nach dem Pflegezeitgesetz oder dem Familienpflegzeitgesetz in kleinen Unternehmen, in denen der Rechtsanspruch nicht gilt, auf freiwilliger Basis vereinbart, haben Beschäftigte auch einen Anspruch auf Förderung durch das zinslose Darlehen. Die bisherige Möglichkeit, eine Entgeltaufstockung unter Verwendung eines Wertguthabens zu vereinbaren, bleibt unberührt.
Begriff der nahen Angehörigen erweitert: Mit dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf wurde auch der Begriff der “nahen Angehörigen” erweitert, indem auch die Stiefeltern, Partner in einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft sowie Schwägerinnen und Schwäger aufgenommen werden. Neben der Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung wird auch die außerhäusliche Betreuung eines pflegebedürftigen minderjährigen Kindes einbezogen. Dies gilt auch für die Begleitung von nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase.
Kündigungsschutz: Für Beschäftigte besteht von der Ankündigung – höchstens jedoch 12 Wochen vor dem angekündigten Beginn – bis zur Beendigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung, der Pflegezeit oder der Familienpflegezeit Kündigungsschutz.
Mehr Infos über die neuen Möglichkeiten seit 1. Januar 2015 in der Broschüre über „Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“ des Bundesministeriums