Voller Einsatz für faire Arbeit

11. May 2017

AWO Schleswig-Holstein startet Kampagne FAIR WORK in der Pflege

Kiel. Menschen werden immer älter, und das ist auch gut so. Die meisten Menschen möchten selbstbestimmt und gesund alt werden. Die Wahrscheinlichkeit, im hohen Alter Pflege in Anspruch zu nehmen, steigt allerdings auch. In Schleswig-Holstein waren zum Jahresende 2015 ca. 89.000 Menschen pflegebedürftig. Die Zahl wird schnell wachsen, insofern ist die Pflege vom demografischen Wandel doppelt betroffen: „Die Nachfrage nach professioneller Pflege wird steigen, gleichzeitig sinkt das Arbeitskräftepotenzial“, sagt Uwe Braun, Leiter des Unternehmensbereichs Pflege. Mit der Alterung der Gesellschaft wächst auch der Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften.

„Die Pflege ist ein zukunftssicherer und unter jungen Menschen sehr beliebter Beruf“, so Braun, „wir möchten mit dieser Kampagne auch deutlich machen, dass die Pflege alter Menschen besser als ihr Ruf ist, und wir ein fairer Arbeitgeber sind.“

FAIR WORK ist eine Kampagne aus dem Unternehmen für das Unternehmen: echte Mitarbeiter*innen, reale Geschichten und handfeste Informationen über die Arbeitsbedingungen in der Pflege.

Pflegeberuf ringt immer noch um Anerkennung

Noch gehört der Pflegeberuf zu einem der beliebtesten Ausbildungsberufe, mehr als 26.000 Schüler*innen beginnen jedes Jahr bundesweit ihre Ausbildung. Doch ausschlaggebend für die Wahl des Pflegeberufs ist auch das öffentliche Image, und hier hält sich hartnäckig das ausschließlich negative Bild von den Arbeitsbedingungen in der Pflege. Seit Norbert Blüm in den 70er Jahren vor einer Überprofessionalisierung des Pflegeberufs warnte, kämpft die Pflege darum, diesen Mythos wieder loszuwerden: „Es stimmt eben nichts an der Aussage, dass niemand ein Studium brauche, um einen 70-Jährigen zu füttern“, kontert Braun den alten Blüm-Spruch: „Erstens besteht Pflege nicht nur aus Hilfestellung beim Essen, zweitens ist die Versorgung von und der Umgang mit alten Menschen eine Herausforderung, für die man sehr wohl eine fundierte theoretische Ausbildung benötigt.“

Arbeitsbedingungen bei der AWO Pflege: fair und flexibel

Das Berufsfeld Pflege ist attraktiv, vielseitig und zukunftssicher. Bei der AWO Pflege sind 1.500 Mitarbeiter*innen landesweit beschäftigt. Die jährliche Mitarbeiter*innenbefragung zeigt, dass der Pflegeberuf zu großer Zufriedenheit der Beschäftigten führt: Insgesamt 80 Prozent haben eine überdurchschnittliche Freude bei ihrer Arbeit, 84 Prozent gehen einer aus ihrer Sicht sehr interessanten Arbeit nach. Gut 82 Prozent fühlen sich bei der AWO in schwierigen Situationen gut bis sehr gut unterstützt, und 83 Prozent sind zufrieden oder sehr zufrieden mit ihren Arbeitszeiten. Anfang Mai hat die Deutsche Gesellschaft für Qualität die AWO Pflege Schleswig-Holstein mit fünf Sternen im Rahmen der European Foundation for Quality Management (EFQM), eines europäischen Qualitätssiegels, ausgezeichnet.

„Wir bieten faire, tarifliche Arbeitsbedingungen wie 30 Tage Urlaub, festgelegte Gehaltserhöhungen, Weihnachtsgeld, Zusatzrente“, sagt der Leiter des Unternehmensbereichs Pflege, „wir wissen, dass Mitarbeiter*innen flexibel sein müssen und gehen nach Möglichkeit auf die individuelle Situation unserer Beschäftigten ein.“

Es gibt variable Arbeitszeitmodelle, eine betriebliche Gesundheitsförderung, die betriebliche Mitbestimmung durch den Betriebsrat ist gesichert. „Wir setzen uns auf politischer Ebene seit Jahren für den verbindlichen Tarifvertrag Soziales beziehungsweise für einen Branchentarifvertrag Pflege sowie für eine zukunftsfähige, solidarische Pflegeversicherung in Form der Bürgerversicherung ein“, so Braun. Regionale Personalengpässe und permanente Qualitätskontrollen machen das Leben in den Diensten und Einrichtungen allerdings nicht leicht. „Statt Wertschätzung für ihre Arbeit zu erhalten, werden und fühlen sich Pflegekräfte zu häufig öffentlich angeprangert und für die strukturellen Missstände zur Verantwortung gezogen“, mahnt Uwe Braun. Mit der Kampagne FAIR WORK möchte die AWO Pflege auf ihre eigenen Vorzüge als Arbeitgeber hinweisen, aber auch das Image des Pflegeberufs insgesamt verbessern helfen.

Weitere allgemeine Zahlen:

  • Mit der Alterung der Bevölkerung wird der Altenquotient – die Anzahl der Menschen im Rentenalter je 100 Personen im Erwerbsalter – erheblich zunehmen, so die Bevölkerungsvorausberechnung vom Statistischen Bundesamt. Im Jahr 2013 kamen laut der 13. koordinierten Berechnung 34 Senior*innen im Alter von 65 Jahren und mehr auf 100 Personen zwischen 20 und 64 Jahren. Ihre Zahl wird laut Variante 1 (Nettozuwanderung von jährlich 130.000 Menschen bis 2060) auf 56 im Jahr 2035 und 65 im Jahr 2060 ansteigen. Bei Variante 2 (Nettozuwanderung von 230.000 Menschen) wird der Altenquotient etwas niedriger sein; er wird auf 55 im Jahr 2035 und 61 im Jahr 2060 zunehmen.
  • Die Mitte Januar veröffentlichten Zahlen der Pflegestatistik zeigen, dass im Vergleich zu 2013 die Zahl der Pflegebedürftigen im Jahr 2015 um knapp 10 Prozent gestiegen ist (Bundesweit 2,9 Mio. pflegebedürftige Menschen, 64 % Frauen, 71 % älter als 75 Jahre und 37 % älter als 85 Jahre)
  • 66 % der ab 90-Jährigen sind pflegebedürftig. In Schleswig-Holstein waren zum Jahresende 2015 ca. 89.000 Menschen pflegebedürftig. Angesichts der demografischen Entwicklung wird sich dieser Trend fortsetzen. Mit dem seit 1.1.2017 geltenden neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff wird die Zahl eher noch steigen.
  • In den Pflegeheimen in Schleswig-Holstein waren Mitte Dezember 2015 fast 30.800 Personen beschäftigt. Im Vergleich zur letzten Erhebung 2013 ist das ein Zuwachs um knapp vier Prozent.
  • In den Pflegediensten waren gut 11.500 Personen beschäftigt, ein Zuwachs um mehr als 14 %. Die Zahl der Vollzeitbeschäftigten erhöhte sich in dem letzten Erhebungszeitraum um 17 %, die der Teilzeitbeschäftigten um 14 %.
  • Pflegeberufe gehören mit Recht zu den beliebtesten Ausbildungsberufen (Platz 4). Jedes Jahr beginnen mehr 25.000 Schüler*innen die Ausbildung. In Schleswig-Holstein waren am 1.10.2016 2.345 Menschen in der Ausbildung. 1.960 landesgeförderte Plätze stehen in 2017 zur Verfügung.
  • Nur ca. 28 % der Pflegeanbieter in Schleswig-Holstein haben einen Tarifvertrag.