Mehr Anstrengungen bei der Bekämpfung von Armut erforderlich

Kiel, 15. März 2022. Die Arbeiterwohlfahrt Schleswig-Holstein (AWO), der DGB Nord und der Landesverband des Sozialverbands Deutschland (SoVD) haben sich zum Sozialen Bündnis zusammengeschlossen, um der gemeinsamen Forderung nach einer stärkeren Bekämpfung von Armut und sozialer Ungleichheit im Landtagswahlkampf mehr Nachdruck zu verleihen. „Die zunehmende Armut und soziale Spaltung in Schleswig-Holstein ist nicht hinnehmbar. Es gibt zu viel prekäre Beschäftigung und Niedriglöhne, das betrifft besonders Frauen. Die künftige Landesregierung trägt eine wesentliche Verantwortung, Armut und Einkommensungleichheit endlich stärker zu bekämpfen“, konstatieren die Bündnispartner*innen.

Armutslöhne bekämpfen!

„Eines der wichtigsten Mittel der Wahl ist die Stärkung der Tarifbindung von Unternehmen, denn Tariflöhne schützen vor Armut. Dafür muss das Land dringend mehr tun und Dumpinglöhne nicht weiterhin auch noch mit Steuergeld fördern“, sagt die Vorsitzende des DGB Nord, Laura Pooth. „Aufträge sollten deshalb nur an Unternehmen vergeben werden, die sich an Tarifverträge halten. Abgesicherte Jobs zu guten Löhnen sollten außerdem zur Voraussetzung für den Erhalt von Subventionen werden.“

Wohnen darf nicht zur Armutsfalle werden!

„Bezahlbarer Wohnraum wird immer knapper, sowohl in den Ballungszentren als auch den touristischen Zentren, für Familien wie für Menschen mit niedrigem Einkommen. Seit 30 Jahren geht der Sozialwohnungsbestand dramatisch zurück. Daher braucht es, neben einer Verlängerung bestehender Sozialbindungen, endlich eine stärkere Unterstützung von Kommunen bei einer aktiven Boden- und Wohnungspolitik“, führt Pooth weiter aus. Genauso notwendig sei es, die Instrumente zur Begrenzung von Mieten und zum Schutz von Mietern vor Verdrängung wieder in Kraft zu setzen. „Die künftige Landesregierung sollte anerkennen, dass der Markt allein die drängenden Probleme von Mietern nicht lösen wird.“

Altersarmut weitet sich aus

„Die Einführung der Grundrente war ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Altersarmut. Die Zugangshürden sind aber immer noch viel zu hoch“, sagt der SoVD-Landesvorsitzende Alfred Bornhalm. „Dies gilt insbesondere für Frauen, die in ihrer Biografie oftmals geringere Zeiten in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung haben“. Die Landesregierung müsse die Erwerbstätigkeit von Frauen durch einen Ausbau der Kinderbetreuung und die Abschaffung der Kita-Gebühren unterstützen. Weiterhin solle sie Programme auflegen, die eine Erhöhung der Erwerbstätigkeit von Frauen zum Ziel haben. „Die Weichen für die Rente werden zwar in Berlin gestellt, das Land Schleswig-Holstein kann sich aber nicht aus seiner Pflicht verabschieden, Altersarmut auch hier vor Ort zu bekämpfen“, bekräftigt der SoVD Landeschef.

Gute Pflege beginnt vor Ort

Altenhilfe muss wieder stärker eine kommunale Pflichtaufgabe werden. Die künftige Landesregierung muss hierbei durch Gesetzgebung die kommunale Verantwortung für die Planung und Organisation guter Pflege stärken. „In einer Gesellschaft mit immer mehr älteren Menschen muss vorausschauend geplant werden, wo diese Menschen seniorengerecht wohnen und auch gepflegt werden können. Dabei muss der Grundsatz ‚ambulant vor stationär‘ der Leitgedanke des Handelns sein“, sagte Bornhalm. Auch für pflegende Angehörige müsse deutlich mehr getan werden: „Wir brauchen ganz dringend einen Ausbau der Kurzzeit- und Tagespflege und mehr Entlastungsangebote für jene Menschen, die für ihr Engagement Gehaltseinbußen und kleinere Renten in Kauf nehmen.“

Kinder und Jugendliche müssen besser vor Armut geschützt werden

Laut dem aktuellen Sozialbericht der Landesregierung leben 21,2 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Land in Armut. Der Anteil ist seit dem Jahr 2011 erneut um 3,4 Prozent gestiegen. Allein in Kiel lebt fast jedes dritte Kind unter 15 Jahren von Sozialgeld. „Die Zahlen sind dramatisch in Schleswig-Holstein. Das können und wollen wir nicht hinnehmen. Daher fordern wir schon lange die Einführung einer Kindergrundsicherung, die Verankerung von Kinderschutz im Grundgesetz und den Ausbau von Betreuungs- und Bildungsangeboten. Soziale Teilhabe und Bildung sind der Schlüssel, um Kinder und Jugendliche langfristig vor Armut zu schützen. Eltern dürfen kein Armutsrisiko sein“, sagt der AWO Präsidiumsvorsitzende Wolfgang Baasch.

Aufschluss über die langfristigen Folgen von Kinderarmut gebe die AWO-ISS-Studie. Die Panelstudie ist die fünfte Phase einer seit 1997 laufenden Langzeitstudie zur Kinder- und Jugendarmut. Das Ergebnis: Auch 20 Jahre später bleiben die Folgen von Kinderarmut häufig sichtbar. Der Vorstandsvorsitzende der AWO Schleswig-Holstein Michael Selck betont: „Armut bedeutet für die Kinder und Jugendlichen Stigmatisierung, soziale Isolation und Diskriminierung. Diese soziale Isolation müssen wir gezielt aufbrechen und Kinderarmut konsequent bekämpfen. Sie zu beseitigen erfordert einen Dreiklang aus mehr Geld, guter und existenzsichernder Arbeit für Eltern sowie einer Förderung von sozialraumorientierten Projekten. Zusätzlich brauchen wir eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, müssen die Erwerbschancen für Frauen fördern und prekäre Arbeitsbedingungen langfristig verhindern.“

Die Landtagswahl muss eine Wahl gegen Armut werden!

Die Zusammensetzung des Landtags und der Landesregierung habe einen entscheidenden Anteil daran, wie die Bekämpfung von Armut und Armutsgefährdung in unserem Bundesland vorankommt. In den vergangenen Jahren sei hier viel zu wenig passiert. „Deshalb fordern wir die Menschen in unserem Bundesland auf, sich an der Wahl zu beteiligen, um der Bekämpfung der sozialen Spaltung endlich den ihr angemessenen Platz einzuräumen“, schließen die Bündnispartner*innen.

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